Überfordert mit Swing

[jDennis79]

Hallo Forum.

Ich habe nicht direkt eine Frage, ich muss nur mal mein Problem aufschreiben; meistens hilft es ja schon, ein Problem zu beschreiben, und vielleicht hat ja der/die ein oder andere von euch ein paar gute Tipps für mich.

Ich habe das bhv-Einsteigerseminar Java durchgearbeitet, ich habe "Java von Kopf bis Fuß" durchgearbeitet, und ich habe die Hälfte der Insel durchgearbeitet (ab der zweiten Hälfte fehlt mir in dem Buch irgendwie der "rote Faden" und der Autor verzettelt sich für mein Gefühl zu viel). Ich hatte damit auch wenig Probleme, ich habe die Konzepte verstanden und die Arbeit damit hat mir Spaß gemacht.

Mein Problem fängt an, sobald Swing ins Spiel kommt. Ich komme dabei jedes Mal (und ich habe einige Anläufe gemacht) total ins Schleudern und verzettele mich komplett. GUI-Aufbau, Listener, Klassenorganisation, SwingUtilites & Threadsicherheit, Packages, Verbindung von Logik mit GUI - mir scheint das regelmäßig zuviel zu werden und über den Kopf zu wachsen.

Selbst eine einfache GUI-Anwendung, wie beispielsweise ein Celsius-Fahrenheit-Umrechner mit zwei Textfeldern und einem Button, bereitet mir schon massive Probleme. Der übliche Tipp, Durchhaltevermögen zu zeigen und Übung, Übung, Übung hilft wenig weiter, wenn schon das simpelste Programm zur Hürde wird.

Die Tutorials im Internet helfen dabei auch nicht viel weiter, weil sie zwar einzelne Komponenten gut beschreiben, aber eben gerade nicht das Zusammenspiel von GUI und Logik, die Aufteilung der Codeteile und die Organisation der Klassen. Auch das GUI-Kapitel der Insel hat mir wenig weitergeholfen, weil es meiner Meinung nach (im Gegensatz zur ersten Hälfte des Buches) eher Referenz zu Swing-Komponenten ist als Lehrwerk.

Bei ganz simplen Einsteigerbüchern hingegen, die eher den Aufbau einer GUI-Anwendung beschreiben als einzelne Komponenten vorzustellen, habe ich wiederum das Problem, dass Dinge wie SwingUtilities gar nicht erst besprochen werden und der meiste Code in eine einzige Klasse geklatscht wird.

Ich weiß einfach nicht so recht, wo ich ansetzen soll, um mich da vernünftig "reinzuarbeiten".

Ist halbwegs verständlich, was mein Problem ist?

 

[Volvagia]

Wenn du Probleme mit Threadsicherheit hast fang mal mit AWT an. Das handhabt sich fast genauso, ist aber von Natur aus Threadsicher. Aber du solltest sowieso erst die GUI erlernen, bevor du sie mit Threads verbindest.
Packages kannst du vergessen, das sind quasi einfach Ordner. Nicht so wichtig.

Am Besten du fängst einfach mit einen Celsius/Fahrenheit-Rechner an, und sobald du Probleme hast frag.

 

[Gregorrr]

Erstmal locker bleiben. Du machst dir einfach voll den Kopf, so hab ich das Gefühl. Bücher lesen sind nur Trockenübungen, wie Theorie Lernen beim Führerschein. Erst beim richtigen Programmieren macht's Klick.

Man kann sich übrigens nie 100% vernünftig rein arbeiten. Programmieren ist so komplex. Da sucht man sich ein Stück aus und bearbeitet dann. Bei Problemen muss man halt recherchieren, deshalb sind Foren ja bei Programmieren so beliebt. Man muss auch Dinge ausblenden, die zur Zeit nicht wichtig sind. Z.B. wen interessiert SwingUtilities? Benutz es erstmal einfach, es funktioniert ja. (Das ist übrigens nicht empfehlenswert, wenn man z.B. für die NASA etwas programmieren möchte, da sollte man schon ganz genau alles "versuchen" zu wissen) Schreibs dir auf ne To-DO-Liste, wenn Zeit ist, kannste es ja immer noch nachschlagen.

Wie steht so schön im Buch der Bücher zum Programmieren (The Art of Computer Programming, von D. Knuth): "Practice yourself, for heaven's sake, in little things; and thence proceed to greater." (Epictetus)

Oder ein Tweet von Kent Beck: "Don't try to do big things. Do little things that can grow into big things."

Übrigens hat jeder seine eigene Strategie, die für ihn am besten ist. Vielleicht musst du deine noch herausfinden. Z.B. ist es unsinnig alles "Lernen" zu wollen. Referenzen, z.B. Snippets aufbauen, wo du schnell was wiederfindest ist vielleicht eine Strategie, etc. pipapo.

 

[Landei]

Swing ist nicht einfach. Hier ein paar (ziemlich) subjektive Tipps:
- Verstehe anonyme Klassen, das Listener-Konzept, das Model-Konzept und die verschiedenen LayoutManager, bevor du überhaupt anfängst
- Vermeide Vererbung von Swing-Komponenten, solange du kein "oberflächenmäßiges" Verhalten erweiterst. Deine Anwendung sollte z.B. kein Fenster sein, sondern eins benutzen. Von JComponent zu erben, um paintComponent überschrieben zu können, ist dagegen okay.
- Skizziere die Oberfläche, bevor du anfängst. Überlege dir, wie die Komponenten auf Größenänderungen reagieren sollen. Wähle die richtigen LayoutManager.
- Vergiss nicht, dass man Layouts auch schachteln kann. Vergiß nicht, dass es auch Komponenten mit "layoutmanagerartigem" Verhalten gibt: Box, JSplitPane
- Skizziere die Abläufe deiner Oberfläche. Wenn etwas zu kompliziert ist, suche einen einfacheren Weg. Denke dabei nicht nur an aktuell sichtbare Komponenten, auch Popup-Menüs, Dialoge oder Wizards können weiterhelfen
- Wenn du dabei nicht weiterkommst, schau dir an, wie das in ähnlichen Programmen gelöst ist
- Verwende (noch?) keine GUI-Builder, schreibe die GUI erst mal manuell
- Mache die GUI fertig, ohne die Datenanbindung. Füge notfalls Dummy-Daten ein. Teste, dass die Oberfläche wie gewünscht auf Größenänderungen reagiert
- Packe nicht zuviel Code in Listener, rufe lieber eine separate Methode auf
- Prüfe bei jedem ActionListener, ob du nicht lieber gleich eine Action verwenden solltest
- Schreibe eigene Models, wenn die Standard-Models nicht passen. Versuche nicht, das durch irgendwelche Tricks zu vermeiden.
- Verwende Open-Source-Komponenten, wenn die Swing-Komponenten nicht passen oder zu primitiv sind (z.B. Kalender, TreeTables, Wizards...)
- Und das wichtigste zum Schluss: Mach erst einmal einen großen Bogen um GridBagLayout

 

[Volvagia]

Beim "Verstehen" muss aber noch dazu gesagt werden, dass das nicht jedermans Sache ist. Ich z. B. kann stundenlang Tutorials lesen, und auch wenn jede Zeile einzeln erklärt werden würde wäre ich hinterher nicht gerade schlauer.

Ich versuche, wenn ich etwas nicht weiß per Google dahinter zu kommen. Wenn das nicht klappt versuche ich es selbst, wenn dann nicht frag ich.

Bei meinen ersten Programm in Java habe ich mir überlegt: Was brauche ich als erstes?
Antwort: Ein Fenster.
Ursache: Ich habe gegoogelt wie man ein Fenster anzeigt.
Wirkung: Ich habe ein Fenster angezeigt.

Überlegung: Was brauche ich als zweites?
Antwort: Bilder in dem Fenster dargestellt.
Ursache: Ich habe gegoogelt wie man Bilder in einen Fenster darstellt.
Wirkung: Es wurden Bilder im Fenster dargestellt.

usw.
So habe ich das Programm langsam aufgebaut.
Durch weitere Programme hat sich mein Wissen darüber langsam aber stetig vergrößert.

Du musst herausfinden, welche Art zu lernen dir liegt.

 

[Landei]

Also die genannten Sachen zu "verstehen", ist nicht schwer:
- Anonyme Klassen sollte man sowieso kennen, sie sind nicht swing-spezifisch. Zusammengefaßt könnte man sagen, es sind innere Klassen zur Einmal-Verwendung und deshalb ohne Namen.
- Das Listener-Konzept ist ebenfalls einfach: Ich gebe einer Komponente einen "Umschlag" mit Instruktionen mit, was diese im Falle eines Falles tun soll. Dieser "Umschlag" ist standardisiert und nennt sich "Listener".
- Das Modell-Konzept besagt nur, dass die Daten nicht direkt in der Komponente stehen, sondern in einem Model, das von dieser gelesen und geschrieben wird. Damit hat man bessere Kontrolle über die Daten und mehr Flexibilität: Daten können erst "bei Bedarf" nachgeladen oder berechnet werden, zwei Komponenten können sich ein Model teilen, man hat freie Auswahl bei der Datenstruktur, die man im Model verwendet u.s.w.
- Was die einzelnen LayoutManager tun, sieht man schön hier: Using Layout Managers (The Java™ Tutorials > Creating a GUI With JFC/Swing > Laying Out Components Within a Container)